Nichts für Stinkstiefel

Lichtenvoorde Das Sportgelände an der Raathuisstraat kann sich sehen lassen. Fünf Plätze, alle bestens gepflegt. Und ruhig ist’s. 14 Kicker des TuS Hiltrup laufen mit nassem Gesicht über den Kunstrasen. Könnte Regen sein. Oder aber Schweiß. Trainer Michael Evelt schont seine Schützlinge nicht.
Wäre ja auch Quatsch. Schließlich sind die Westfalenliga-Fußballer nicht umsonst ins Trainingslager ins niederländische Lichtenvoorde gefahren.

„Rot, ich höre nichts.“ Der Coach fordert das Team mit den Leibchen auf, mehr zu reden. Im Vier gegen Vier auf engstem Raum braucht es ständige Abstimmung. Auch Weverson de Oliveira, der neue Brasilianer, mischt munter mit. „Der macht sich richtig gut, genau wie die anderen Neuen“, sagt Rolf Neuhaus, Sportlicher Leiter. Der Südamerikaner hat zur besseren Verständigung gleich einen Spitznamen bekommen: „Olli“.

Während sich die Feldspieler fit machen und empfehlen, arbeitet Torwart-Trainer Andreas Daweke mit Keeper Clemens Niehoff. Im Wechsel mit Lennart Lüke erhält Niehoff Einzeltraining oder steht bei den Feldspielern zwischen den Pfosten. Der Ehrgeiz ist dem Ex-Grevener anzumerken. „Komm, weiter geht’s“, ruft er seinem Lehrmeister zu.

Klemke verletzt

Nebenan muss Michael Evelt eine Hiobsbotschaft verkraften. Waldemar Klemke ist bei einem Schuss umgeknickt und humpelt. Der Wirbelwind ist erstmal außer Gefecht. Der Mittelfuß ist lädiert. Auch seine Kollegen haben bald Feierabend. Noch wirken die meisten frisch. War ja auch erst die zweite von sechs Einheiten.

Die Mittagspause nutzen die Hiltruper nicht nur zur Nahrungsaufnahme, sondern auch zur theoretischen Weiterbildung. Playstation-Zocken ist angesagt. ProEvolution-Soccer, was sonst? Manchester United gegen den AC Mailand. Oder besser gesagt: Andreas Fröbel gegen Masen Mahmoud. „Früher gab’s das nicht“, sagt Andreas Daweke. „Da haben wir uns anders beschäftigt.“ Können die Jungs heute aber auch. Pokern steht auf dem Abendplan. Sofern die Knochen nach bis zu drei Einheiten plus Waldlauf am Tag nicht zu müde sind.

Jetzt wird’s spezifisch

Am Nachmittag teilt Michael Evelt seine Truppe in Offensiv- und Defensivkräfte. Jetzt wird’s spezifisch – und hart. Dieser Durchgang hat es in sich. Flanken, Spielzüge, Ballführung sind mit viel Laufarbeit verbunden. Die Kicker schnauben, reißen sich aber zusammen. „Wir müssen die Bewegungsabläufe automatisieren“, erklärt der Billerbecker, der Wert darauf legt, dass die Zugänge voll ins Gefüge integriert werden. „Sorge habe ich da aber nicht. Bei uns gibt es keine Stinkstiefel.“

Wer die TuSler auf und neben dem Platz beobachtet, wird ihrem Übungsleiter Recht geben. Auch im kräftezehrenden Trainingslager regiert meist der Flachs: Henning Bünemann greift am Tisch zum Telefon und ruft Marcel Kirchhoff an, der am Abend nachreist. „Junge, du musst ein paar Sachen mitbringen. Eine Zahnbürste für Andy Fröbel. Für mich Haargel, das stärkste, was du an der Tanke kriegen kannst. Und für den Kappel noch Haarwachs.“ Der ganze Saal grinst. Mitgehört haben sie alle. Die Sprüche lassen nicht auf sich warten. Es scheint zu stimmen in dieser Truppe.

Quelle: MZ für Samstag, 19. Juli 2008
(ab, 18.07.2008)