Hiltrups Paton hat bemerkenswertes Heilfleisch


Münster - Kaum zu glauben, aber dieser Mann hat es besonders eilig. Keine sechs Monate nach seinem Totalschaden im Knöchel steht Robin Paton schon wieder regelmäßig auf dem Trainingsplatz und zuletzt sogar im Spieltagsaufgebot des TuS Hiltrup. Die verrückte Geschichte des 29-Jährigen findet ein Happyend. Von Thomas Rellmann (Foto: Wilfried Hiegemann)

Jeder, der am 12. Oktober im Gievenbecker Sportpark war, wird die heftigen Szenen nicht vergessen haben. Die 82. Minute im Derby des FCG gegen den TuS Hiltrup (1:1): Nach einem später mit Rot geahndeten Foul von Alan Bezhaev bleibt Gäste-Akteur Robin Paton vor Schmerz schreiend am Boden liegen.

Weber-C-Fraktur

Der Verletzte wird lange auf dem Rasen behandelt, kommt dann ins Krankenhaus. Bald die Diagnose: Wadenbein und Sprunggelenk sind gebrochen, alle Bänder durch. Eine sogenannte Weber-C-Fraktur. Tags darauf die OP. Der Spieler hat das Karriere-Ende vor Augen.

Doch wer am vergangenen Samstag, als die Hiltruper beim SC Herford gastierten (2:4) den Spielbericht genau inspizierte, musste sich in Kenntnis der Geschehnisse vor fünf Monaten verwundert die Augen reiben. Auf der TuS-Bank Platz genommen hatte auch: Paton!

Sanitäter bitten um Foto

An Fußball dachte der Schotte im Herbst erstmal nicht. „Als ich gesehen habe, wie der Knöchel umgeklappt ist, habe ich nicht geglaubt, je wieder gehen zu können.“ Geschweige denn gegen den Ball zu treten. Im Rettungswagen fragten die Sanitäter, ob sie ein Foto machen dürfen. So einen Totalschaden hatten sie noch nie gesehen. Der Patient stimmte zu. „Ich hatte direkt Schmerzmittel bekommen und war irgendwo auf dem Mars.“

Eine Woche Uni-Klinik („Täglich kamen 30, 40 Leute vorbei“), 14 Wochen an Krücken, danach alle zwei Tage Reha-Übungen im Fitnessstudio folgten. „Anfangs habe ich wieder bei meinen Eltern gewohnt, weil ich dort keine Treppen steigen muss. Bis ich den Fuß belasten konnte, verging viel Zeit.“ Trotzdem ahnte Paton bald, dass er gutes Heilfleisch hat. Eine Schwellung trat gar nicht auf, die Qualen hielten sich in engen Grenzen, die medizinische Versorgung lief optimal. Und so stand er im Februar schon wieder auf dem Platz. Erstmal zum Lauftraining, seit zwei Wochen sogar schon wieder für die Einheiten mit der Mannschaft. Und zuletzt plötzlich im Spieltagsaufgebot.

Draht zum Team

„Robin hat sich das verdient“, sagt Trainer Martin Kastner. Wohlwissend, dass die volle Belastung, die Rückkehr zu alter Stärke eher zu Beginn der kommenden Saison zu erwarten ist. Doch der Allrounder, der seit 2010 am Osttor kickt, hat sich erst gar keine Auszeiten gegönnt. Bei nahezu jedem Spiel suchte er wieder den Draht zum Team, arbeitete individuell neben dem Kunstrasen, wenn die Kollegen ihre reguläre Schicht absolvierten. „So bin ich als Typ“, sagt der 29-Jährige.

„Ein Glücksfall“

„Da sieht man, wie wichtig er für die Truppe ist. Selbst wenn er auf dem Platz manchmal stinkstiefelig wirkt, ist er daneben ein Glücksfall für jedes Team“, sagt Kastner. „Und wie fleißig er seinem Comeback arbeitet, imponiert uns allen.“ Über die sportlichen Qualitäten des Rechtsfußes gibt es ohnehin keine zwei Meinungen. Wann er sie wieder komplett einbringen kann, ist noch offen. „Vielleicht mal in der Zweiten, vielleicht mal als Joker. Ich merke nur, dass es von Training zu Training besser wird. Kühlen muss ich den Fuß hinterher nie.“ Natürlich springt noch kein Mitspieler brutal in die Zweikämpfe mit dem Langzeitverletzten. Aber überaus rücksichtslos war das Einsteigen von Bezhaev, der sich immer wieder nach dem Befinden des Hiltrupers erkundigte, auch nicht. „Im Fußball kann das eben passieren“, sagt Paton. „Sowas wünsche ich jedenfalls keinem.“

Quelle: WN Münster

(ab, 02.04.2015)