Lebensschule Fußball


Kürzlich beobachtete ich zwei unserer Teams in Spitzenspielen, die durch die Taktik wenn nicht entschieden, so doch in großem Maße beeinflusst waren. Im Spiel gegen die Warendorfer SU setze unsere A1-Jugendmannschaft vor allem in den letzten zwanzig Spielminuten auf die Taktik des bedingungslosen Angreifens. Zu diesem Zeitpunkt stand die Partie 2:2, wobei unsere Mannschaft durchweg überlegen agierte, ohne jedoch entscheidend in Vorteil zu gelangen. Doch unsere Jungen verzagten nicht. Im Gegenteil: Ihre Angriffsbemühungen, nicht blind und wütend, sondern sehr durchdacht vorgetragen, wurden intensiver, je mehr das Ende des Spiels herannahte. Und das führte schließlich doch zu einem schon fast nicht mehr zu erhoffendem Treffer. Buchstäblich in der letzten Spielminute gelang der viel umjubelte Siegtreffer.

Die oftmals bewährte Taktik, durch beständige Druckerhöhung eine gegnerische Mannschaft letztlich in die Knie zu zwingen und zu besiegen, hatte wieder einmal den Sieg gebracht.

Im zweiten Spitzenspiel des Tages, das unseres Damenteams gegen ESV Münster, war die Taktik der Gäste mitverantwortlich dafür, dass unsere Damen sich mit einem Unentschieden begnügen mussten. Bis zur Halbzeitpause war unser Team erfolgreicher, weil ihre Mittelfeldreihe gut kombinierte und unsere schnelle Stürmerin mehrfach in aussichtsreiche Schusspositionen brachte. Und zwei dieser Chancen nutze sie zu Treffern. Zwar hatten die ESVerinnen den Anschlusstreffer zum 2:1 erzielt, die Spielanlagen beider Teams war aber so gestaltetet, dass eigentlich nur ein Hiltruper Sieg möglich erschien.

Dieser Eindruck verflüchtigte sich in der zweiten Halbzeit zusehends, weil die ESV-Damen die Positionen in der Abwehrreihe wechselten und diese zudem ein wenig mehr nach vorn verschoben. So wurde unserem Mittelfeld der Spielraum verengt und unsere Stürmerin wurde „an die Kette gelegt“. Das ESV-Team konnte dadurch die zuvor zutage getretenen Vorteile unseres Teams egalisieren. Es kam zum nicht unverdienten 2:2-Ausgleich.

Zwei Spiele in unserer Glasuritarena waren also, so meine ich, auch durch die Taktik stark beeinflusst worden.

In den nachfolgenden Tagen ging mir diese Erkenntnis immer wieder durch den Kopf. Und dieses Nachdenken und die Schlüsse, die ich daraus zog, belebte in mir wieder einmal die Überzeugung, dass das Fußballspiel ganz gewiss auch eine Schule fürs Leben darstellt.

Mit zwei persönlich Erlebnissen möchte ich diese Überzeugung wenn nicht nachweisen, so aber mindestens untermauern.

Vor kurzem traf ich ganz zufällig einen ehemaligen Schüler wieder. Bei einer Tasse Kaffee erzählte er mir, dass er zwar eine Lehre erfolgreich absolviert, dann aber viel Pech gehabt hatte. In seinem Beruf habe er nicht recht Fuß gefasst, er habe sich mit Aushilfsarbeiten über Wasser gehalten. Er habe Hartz 4-Unterstützung bezogen und schließlich eine Ich-AG gegründet. Nie habe er sich aber aufgegeben, stets habe er sich nach Jobs umgesehen und Jobs angenommen, auch dann, wenn das ganz miese Jobs gewesen seien. Und dann habe sich ihm plötzlich die Chance aufgetan, einen etwas herunter gewirtschafteten Handwerksbetrieb zu übernehmen. Das habe er riskiert und Glück gehabt: Heute könne er sich mit seinen drei Mitarbeitern vor Aufträgen nicht retten.

Auch wenn du jetzt lachst, liebe Fußballfreundin, lieber Fußballfreund: Für mich sind sie schon vergleichbar, diese Mühen des ehemaligen Schülers um Verdienst und Existenz und diese Mühen unserer A-Jugendlichen um Torerfolg und Sieg. Und so hält das Fußballspiel eben doch eine Lehre fürs Leben bereit, die nämlich, dass man nicht aufgeben darf, wenn man erfolgreich sein will.

Und das Fußballspiel birgt mindestens - das zeigt das oben erwähnte Damenfußballspiel - noch eine zweite Lebenslehre, die nämlich, dass man sein Verhalten stets flexibel den jeweils existierenden Umständen anpassen muss.

Auch hierfür ein Beispiel: Als Student jobbte ich ´mal in einem Abfüllbetrieb gemeinsam mit mehreren Kumpeln. Im Akkord waren wir an einem Fließband beschäftigt. Wir verdienten nicht viel Geld, weil dem Kollegen, der die Flaschen abfüllen sollte, die Arbeit nicht recht von der Hand ging. Erst als wir ihn an das Ende der Arbeitskette setzten, wo er die gefüllten Flaschen in Kartons verpacken musste, und ein anderer das Abfüllen erledigte, lief es besser. Und so brachte uns diese Teamumstellung Erfolg: Wir verdienten fortan gutes Geld.

So ist also meine These, dass das Fußballspiel eine gute Schule fürs Leben ist, zweimal gut belegt, wie ich finde. Und darum sollten wir weiterhin einerseits Fußball spielen und andererseits Fußball ermöglichen.

Packen wir´s an, Euer
Epi Bördemann
- Vorsitzender -

Quelle: TuS Aktuell Nr. 13

(ab, 16.05.2015)