Prävention gegen sexualisierte Gewalt

Schutz vor sexualisierter Gewalt im Sport

Vorbeugen und Aufklären, Hinsehen und Handeln! Der TuS Hiltrup 1930 e. V. ist Gründungsmitglied Qualitätsbündnis gegen sexualisierte Gewalt im Sport des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen.

Als größter Sportverein in Münster setzen wir uns für das Wohlergehen aller Mitglieder, insbesondere für alle uns anvertrauten Kinder und Jugendlichen ein. Gerade Kinder und Jugendliche sollen ohne Gewalt und Diskriminierung aufwachsen. Dazu sollen sie im Sport Unterstützung und Schutz durch die Verantwortlichen erfahren.

Hintergrund und Ziele

Die körperliche und emotionale Nähe, die im Sport entstehen kann und in keinem anderen Zusammenhang ähnlichen Stellenwert findet, birgt aber auch Gefahren sexualisierter Übergriffe. Eine Kultur der Aufmerksamkeit und des Handelns Verantwortlicher muss daher dazu beitragen, Betroffene zum Reden zu ermutigen, potentielle Täter abzuschrecken und ein Klima zu schaffen, das Kinder, Jugendliche und Erwachsene – mit und ohne Behinderung – im Sport vor sexualisierter Gewalt schützt.

Ansprechperson

Merisa Rohoff ist hauptamtliche Fitnesstrainer beim TuS Hiltrup und Mitglied im erweiterten Vorstand für die Bereiche Gesundheitssport und Prävention sexualisierte Gewalt.

Bei Fragen und Anliegen zu diesem Thema könnt ihr euch gerne an Sie wenden:

Merisa Rohoff: merisa.rohoff@tushiltrup.de 

Das Präventionskonzept

Strukturen, die sexualisierter Gewalt wenig Raum bieten

Die klaren Strukturen innerhalb unseres Vereins fällt es leichter, genau hinzuschauen, Fehlverhalten anzusprechen und offen zu legen sowie frühzeitig Grenzen zu ziehen.

Sinnvolle Schutzfaktoren stellen folgende Maßnahmen dar:

■ transparente Leitungsstrukturen

■ funktionierende Kontroll- und Beschwerdeverfahren

■ klare Anforderungen an die Trainerinnen, Trainer, Übungsleiterinnen und -leiter

■ verlässliche Regeln unter Beteiligung der Kinder und Jugendlichen (Was ist in unserem Verein erlaubt und wo sind die Grenzen?)

■ klare Verfahrensregeln in Fällen sexueller Grenzverletzungen durch haupt- und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

■ regelmäßige Fortbildungen zum Grundwissen über sexualisierte Gewalt

im Sport für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter

Unsere Verhaltensregeln

1.      Niemand wird zu einer Übung oder Haltung gezwungen.

2.      Unsere Umgangssprache verzichtet auf sexistische und gewalttätige Äußerungen.

3.      Wir achten auf die Reaktionen unseres Gegenübers auf körperliche Kontakte und reagieren entsprechend.

4. Die Übungsleiterin oder der Übungsleiter duscht grundsätzlich nicht mit den Kindern und Jugendlichen.

5. Die Umkleiden der Mädchen und Jungen werden grundsätzlich nicht betreten. Ist ein Betreten erforderlich, sollte dieses durch gleichgeschlechtlichen Erwachsenen erfolgen.Auch hier gilt: Zuerst Anklopfen, dann die Kinder bitten sich etwas überzuziehen. Optimal ist es, zu zweit die Umkleiden zu betreten (Das Vier-Augen Prinzip).

6. Alle Übungsstunden, die mit Kindern stattfinden, sollen mit zwei Personen besetzt sein. Hier greift nicht nur das Vier Augenprinzip, sondern auch die erforderliche Aufsichtspflicht: Wenn ein Kind die Halle verlässt oder getröstet werden muss, sollten die anderen Mitglieder der Gruppe nicht allein in der Halle bleiben.

7. Unterstützung beim Toilettengang kleinerer Kinder: Dies wird mit den Eltern vorher besprochen (Wie muss das Kind unterstützt werden etc.).

8. Vereinsfahrten werden grundsätzlich von zwei Personen begleitet, einer männlichen und einer weiblichen. Dies können neben der Übungsleiterin oder dem Übungsleiter auch Elternteile sein.

9. Übernachtungssituation: Kinder und Jugendliche und Betreuer und Betreuerinnen, Übungsleiter und Übungsleiterinnen übernachten grundsätzlich in getrennten Zimmern beziehungsweise Zelten

10. Einzeltrainings werden vorher abgesprochen und angekündigt. (Vereinsvorstand und Eltern- hier wäre das Vier-Augen-Prinzip optimal bei Begleitung durch ein Elternteil)

11. Trösten eines Kindes: Anfrage Erwachsener: „Ist es ok, wenn ich dich tröste und in den Arm nehme?“

12. Anbringen von Wettkampfnummern: Das Anbringen sollte grundsätzlich durch gleichgeschlechtliche Erwachsene erfolgen. Die Kinder sollen vorher gefragt werden, ob das Schild angebracht werden kann.

13. Regeln für den Umgang der Mädchen und Jungen untereinander.

Elternratgeber

Liebe Mütter, liebe Väter und alle, die mit Kindern leben,

der Schutz vor sexualisierter Gewalt ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, darum wollen wir Sie für die Mithilfe bei einem besseren Schutz für Kinder und Jugendliche gewinnen.

Missbrauch findet vor allem dort statt, wo darüber geschwiegen wird. Es spricht für die Qualität und Offenheit eines Sportvereins wenn dieser sich mit sexualisierter Gewalt befasst. Verantwortung für Kinderschutz heißt, an Schutzkonzepten zu arbeiten, bevor etwas vorgefallen ist.

Im Folgenden möchten wir Ihnen einige Tipps zur Prävention im Alltag vorstellen:

  • Unterstützen Sie Ihr Kind dabei, seinen Körper zu mögen und selbst darüber zu bestimmen, wann und mit wem es zärtlich sein möchte.
  • Versuchen Sie, über Sexualität altersangemessen mit Ihrem Kind zu sprechen und signalisieren Sie Zustimmung wenn dies im Kindergarten oder in der Schule geschieht.
  • Helfen Sie Ihrem Kind dabei, auf seine Gefühle zu achten und sich von anderen nicht davon abbringen zu lassen.
  • Ermutigen Sie Ihr Kind, seine Grenzen zu zeigen und Hilfe zu holen.
  • Vermitteln Sie, dass man über schlechte Geheimnisse reden darf. Das ist kein Petzen – und kein Verrat!
  • Zeigen Sie im Alltag, dass Sie für Ihr Kind da sind, damit es auch im Notfall Ihre Hilfe sucht.
  • Machen Sie klar, dass von sexualisierter Gewalt betroffene Kinder keine Schuld haben,

Nur wenige Mädchen und Jungen sagen direkt, wenn sie sexualisierte Gewalt erlebt haben. Und leider wird ihnen manchmal nicht geglaubt. Einige machen Andeutungen, aber häufig werden die Andeutungen nicht richtig verstanden. Manchen Kindern und Jugendlichen merkt man nichts an, andere verändern sich und zeigen Auffälligkeiten, dass es ihnen schlecht geht, z.B. durch Schlafstörungen, Bauchschmerzen, Einnässen, Ängste, Rückzug oder Agressionen. Jedes dieser Anzeichen kann aber auch andere Ursachen haben. Aber: ein Junge oder Mädchen, das, bzw. der sich plötzlich verändert, braucht unabhängig von der Ursache die Aufmerksamkeit seiner Eltern oder anderer nahe stehender Menschen. Wenn Sie sich Sorgen machen, nehmen Sie Ihr Gefühl ernst und gehen Sie ihm nach: sprechen Sie Ihr Kind gezielt an.

Was ist sexualisierte Gewalt?

Sexualisierte Gewalt liegt immer dann vor, wenn ein Erwachsener oder Jugendlicher oder auch ein Kind ein Mädchen oder auch Jungen dazu benutzt, die eigenen Bedürfnisse mittels sexualisierter Gewalt auszuleben.

Dies kann durch Worte, Gesten, Bilder oder Handlungen mit oder ohne direkten Körperkontakt geschehen. Täter und Täterinnen nutzen die eigene Machtposition und die Abhängigkeit der Betroffenen, ignorieren deren Grenzen und sind den Betroffenen meist bekannt. Sie sehen ihr Gegenüber meist nur als Objekt. Ihr Vorgehen ist in der Regel lange geplant und vorbereitet und somit

eine bewusste Tat. Es ist keinesfalls ein „Ausrutscher“ oder ein „Versehen“. Zudem handelt es sich selten um ein einmaliges Vorgehen, sondern fast immer um eine Wiederholungstat. Die Täter und Täterinnen agieren durch gezielte Ansprachen entweder mit Drohungen oder mit Versprechungen und Belohnungen. In der Regel kennen sie die Wünsche, Vorlieben oder Probleme ihres Gegenübers und nehmen diese gezielt für ihre Vorhaben auf.

Im Strafrecht wird sexualisierte Gewalt weitestgehend unter den „Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung“ – erfasst

(Strafgesetzbuch, §§174 – 184g).

Wer sind die Täter?

Sexualisierte Gewalt wird von Männern und seltener auch von Frauen aller sozialen Schichten, aller Berufsgruppen, aller Nationalitäten und aller Altersstufen verübt. Die Gewalt betrifft alle Altersgruppen der Mädchen und Jungen, jedoch verstärkt vom Vorschulalter bis zur Pubertät. Es gibt keine „äußeren Erscheinungsmerkmale“, an denen Menschen erkannt werden können, die andere Menschen sexuellmissbrauchen. Oft ist der Täter ein Mann mit tadellosem Ruf und gilt als guter Ehemann und Vater. Vielleicht ist er religiös oder politisch aktiv, beruflich erfolgreich oder er engagiert sich besonders für Kinder; ein Mann, dem niemand zutrauen würde, dass er sich an Mädchen oder Jungen oder beiden vergreift. In den meisten Fällen von sexuellem Missbrauch steht nicht die sexuelle Befriedigung im Vordergrund. Es geht um den Missbrauch von Macht durch sexuelle Gewalt. Die Sexualität wird als Mittel, sozusagen als „Waffe“ benutzt, um Macht auszuüben. Sexueller Missbrauch ist nicht eine gewalttätige Form von Sexualität, sondern eine sexuelle Form von Gewalttätigkeit. Beim sexuellen Missbrauch benutzt der „Machtvolle“ seine Überlegenheit, um dem „Machtlosen“ Gewalt anzutun. Wenn eine Person oder Gruppe viel mehr Macht hat als eine andere, ist auch immer das Risiko gegeben, dass diese Macht missbraucht wird. In unserer Gesellschaft haben Männer mehr Macht als Frauen und Erwachsene insgesamt mehr Macht als Kinder: Am größten ist das Machtgefälle zwischen Männern und Mädchen. Dieses Machtgefälle ist ein bestimmender Faktor für das besonders große Ausmaß sexueller Gewalt, die den Lebensalltag vieler Mädchen prägt.

Signale wahrnehmen!

Kinder und Jugendliche können sehr wohl zwischen einer freundschaftlich sportlichen Zuwendung und einer unangenehmen Berührung mit sexuellem Hintergrund unterscheiden. Sie können jedoch häufig diese Grenzüberschreitungen nicht in Worte fassen und sind überfordert, Widerstand zu leisten.

Deshalb benötigen sie die Unterstützung von Erwachsenen: Diese sollten ihre vielfältigen und meist versteckten Signale wahrnehmen und die Verantwortung für die weiteren Maßnahmen übernehmen.

Was sind Anzeichen?

„Alle Fachleute sind sich heute einig, dass Vernachlässigung, sexualisierte Gewalt und Gewalt traumatisch sind.“ Laut der Psychoanalytikerin Luise Reddemann erleben Betroffene sexualisierte Gewalt als ein extremes, überflutendes Ereignis, dem sie nicht ausweichen können. Es ist durch Gefühle wie Angst, Erregung, Hilflosigkeit und Ohnmacht gekennzeichnet. Kinder und Jugendliche wissen nicht, was sie tun sollen und können das Geschehene nicht in die ihnen bekannten Erfahrungen einordnen. Sie können die Gewalterfahrungen daher nicht alleine verarbeiten.
Häufig werden sie von Erinnerungen „überflutet“ (sie erleben das Geschehene wie in einem Film wieder), haben Albträume, Schlafstörungen oder reagieren auf manche Situationen mit einer derartigen Heftigkeit, die nicht im Verhältnis zu der vermeintlich Geringfügigkeit des Anlasses steht. So vermeiden Sie auch häufig Situationen, die Erinnerungen an die sexualisierte Gewalterfahrung hervorrufen. Mögliche Symptome können auch sein: Konzentrationsstörungen, extreme Müdigkeit, übertriebene Wachsamkeit, Schreckreaktionen, Reizbarkeit und Wutausbrüche als Zeichen extremer Hilflosigkeit. Betroffene Kinder und Jugendliche versuchen zudem, durch eine der nachfolgend beschriebenen Verhaltensweisen Kontrolle über ihre Gefühle zu bekommen, um das Erlebte so zu kompensieren, wie beispielsweise:

■ Rückzug von Aktivitäten und Vermeidungsverhalten

■ extremes Leistungsverhalten

■ häufige „geistige Abwesenheit“ und auffällige „Erinnerungslücken“

■ Suchttendenzen (Computer, Essen, Alkohol, Drogen etc.).

Jedoch können diese Anzeichen auch auf andere Belastungen von Kindern oder Jugendlichen, zum Beispiel im Familiensystem oder in dem sozialen Umfeld hinweisen. Dies bedeutet: Es gibt keine typischen Symptome nach (sexualisierter) Gewalt-Erfahrung. Allerdings ist es jede Verhaltensänderung wert, hinterfragt zu werden. Das Umfeld sollte daher mit Verständnis reagieren und versuchen, die Sprache der Betroffenen zu verstehen. Es sollte bemüht sein, Ursachen für auffällige Verhaltensänderungen durch einfühlsame Fragen zu erforschen. Sexualisierte Gewalterfahrung sollte dabei als eine von vielen Möglichkeiten in die Überlegungen mit einbezogen werden.

Besonderheiten im Sport

Wo liegen die Grenzen?

Wo aber endet freundschaftlich spielerischer Spaß und wo beginnt ein Übergriff? Wann und wo ist ein Einschreiten notwendig?

Viele Trainerinnen und Trainer, Übungsleiterinnen und -leiter sind unsicher und fragen sich: „Darf ich Kinder und Jugendliche zum Beispiel bei den Hilfestellungen noch anfassen oder im Bedarfsfalle trösten?“ Die Antwort darauf ist eindeutig: Natürlich dürfen und sollen Sie dies weiterhin tun! Denn Hilfen im Training sind unabdingbar und Kinder und Jugendliche brauchen einen zugewandten und wertschätzenden Umgang. Die Einhaltung ihrer persönlichen Grenzen muss dabei jedoch immer oberste Priorität haben. Es geht darum, im Umgang mit Kindern und Jugendlichen sensibler zu werden, ihre Eigenheiten aufmerksam wahrzunehmen und ihre Bedürfnisse und Wünsche ernst zu nehmen und zu respektieren.

Spezifische Erscheinungsbilder sexualisierter Gewalt im Sport sind zum Beispiel:

■ Grenzverletzungen bei der Kontrolle der Sportkleidung

■ Übergriffe exhibitionistischer Art in der „Umziehsituation“ oder beim gemeinsamen Duschen

■ Übergriffe bei der Hilfestellung

■ Verletzungen der Intimsphäre durch Eindringen in Umkleiden und Duschen

■ Ausnutzung der engen Beziehung zwischen Sporttreibenden und Trainerin oder Trainer

■ Grenzverletzungen im Rahmen von Wettkampffahrten und Ferienfreizeiten (inbesondere mit Übernachtungen)

sexualisierte Gewalt kann im Sport stattfinden

zwischen Betreuern und Betreuerinnen

■ zwischen Betreuerinnen oder Betreuern und Kindern oder Jugendlichen

■ zwischen Funktionsträgerinnen und -trägern sowie Sportlerinnen und Sportlern

■ zwischen Angestellten von Sportstätten und Kindern und Jugendlichen

■ zwischen Kindern und Jugendlichen

■ zwischen Kindern, Jugendlichen und Fremden

■ im privaten Umfeld

Die Formen sexualisierter Gewalt im Sport unterscheiden sich nicht grundlegend von denen in anderen Bereichen der Gesellschaft. Es gibt allerdings Faktoren, die sexualisierte Gewalt im Sport begünstigen, das heißt potenziellen Täterinnen oder Tätern Möglichkeiten der Annäherung und des „Austestens“ eröffnen:

■ körperzentrierte sportliche Aktivitäten

■ Notwendigkeit von Körperkontakten

■ spezifische Sportkleidung

■ die „Umziehsituationen“

■ die Rahmenbedingungen zum Beispiel bei

− Fahrten zu Wettkämpfen und Freizeiten mit Übernachtungen

− abgeschirmte Situationen in der Halle

− Einzelbesprechungen, Einzeltraining

■ Rituale wie Umarmung zum Beispiel bei Siegerehrungen

■ enge Bindung der Kinder und Jugendlichen an Trainerinnen und Trainer.

Die Täterinnen und Täter gehen dabei oft nach derselben Strategie vor. Sie überschreiten die Grenzen des Gegenübers in kleinen Schritten und beobachten seine Reaktionen. Mit jedem Schritt schätzen sie ab, ob sie „weitergehen“ können.

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